>

Der Verein blickt zurück auf über 114 Jahre, ist vital in der Gegenwart und gespannt auf das Kommende.

Gründung

Alles begann am 12. Januar 1905. Fedor von Zobeltitz berief an diesem Tag eine große Anzahl von Berliner Bücherfreunden zur Gründungsversammlung einer Buch-Gesellschaft als lokales Pendant der in Weimar 1899 auch von ihm mitgegründeten »Gesellschaft der Bibliophilen«. In Berlin waren 27 Teilnehmer anwesend. Sie wählten einen Vorstand, bestehend aus Fedor von Zobeltitz als Vorsitzenden, Gotthilf Weisstein als Stellvertreter, Martin Breslauer als Schatzmeister und Ernst Frensdorff als Schriftführer. Der Berliner Bibliophilen-Abend – damals noch mit Bindestrich – vereinbarte monatliche Treffen. 

Im Zentrum der Aktivitäten stand dabei Geselligkeit, gewürzt mit Diskussionen über bibliophile Themen. Es sollten persönliche Bekanntschaften und Freundschaften entstehen. Frauen war der Beitritt verwehrt, mehrfache Änderungsanträge dieses Dekrets wurden stets mehrheitlich abgelehnt. Die anfänglich locker gehandhabten Zusammenkünfte führten dazu, dass viele Jahre lang keine Satzung erstellt wurde. Dies geschah erst im Jahre 1918. Das erste offizielle Mitgliederverzeichnis stammt aus dem Jahr 1921. Im Jahr 1913 übernahm Flodoard von Biedermann den Vorsitz, Schatzmeister wurde Paul Graupe und Schriftführer Ernst Rowohlt.
 
Ab 1910 begann das Vereinsleben zu erlahmen, zu den Veranstaltungen kamen immer weniger Teilnehmer. Am 22. November 1913 richtete der Vorstand einen dringenden Appell an die Mitglieder, im Verein aktiver mitzuarbeiten, damit der Verein nicht gezwungen sei, sich wegen mangelnder Teilnahme aufzulösen.

Blütezeit

In der Zeit der Weimarer Republik entwickelte der Verein allerdings wieder ein regeres Eigenleben mit steigender Teilnehmerzahl. Prominente wie Heinrich Houben stießen dazu und ein junger Doktorand namens Herbert Marcuse. Auch der Hamburger Antiquar Dr. Ernst Hauswedell hat an den Treffen teilgenommen, wenn er denn in Berlin war. 1930 erreichte die Mitgliedschaft einen Höhepunkt mit 162 Namen. Insgesamt erschienen damals 142 Druckerzeugnisse vom und für den Berliner Bibliophilen Abend. Buchkünstler wie Alfred Kubin, Marcus Behmer oder Heinz Wallenberg arbeiteten für den BBA, und ein klassisches Werk erschien: »Die impressionistische Buchillustration in Deutschland« von Karl Scheffler.

Einige Mitglieder des BBA trafen sich als Bibliophile Freunde ab 1927 alle 14 Tage zu Gesprächen, stets in wechselnden Privatwohnungen in Berlin. Zu den Treffen wurden kleine Broschüren oder Einblattdrucke, aber auch Handpressendrucke (z. B. von der Officina Serpentis) verteilt, meist mit dem Druckvermerk »BF« (»Bibliophile Freunde«), von noblen, häufig jüdischen Stiftern, die sich gern hinter Monogrammen verbargen.

Diese produktive Zeit endete 1933 mit Adolf Hitlers Regierungsantritt. Am 28. September 1933 wurde der Verein mit dem Reichskulturkammer-Gesetz unter das Dach der Gesellschaft der Bibliophilen von der Reichsschrifttumskammer eingegliedert. Der BBA war die erste Bibliophilen-Vereinigung, die damals alle Mitglieder jüdischen Glaubens ausschloss. Er setzte die Reihe seiner Veranstaltungen zwar zunächst unter dem Vorsitz von Lothar von Biedermann und ab 1934 unter Richard von Kehler fort. Der Aderlass jüdischer Aktiver im Verein konnte aber nicht ersetzt werden – und auch viele »arische« Mitglieder kehrten ihm den Rücken. 1935 war die Mitgliederzahl auf 44 Personen gesunken. Mit Kriegsausbruch wurden die Treffen noch schwieriger. Ein letzter Bericht über Aktivitäten erschien 1940 in der Zeitschrift »Wandelhalle der Bücherfreunde«. 1941 wurden die Treffen der Bibliophilen Freunde eingestellt. Die letzte überlieferte Mitgliederliste des BBA von 1943 zählt 66 Namen. Im folgenden Jahrzehnt existierte der BBA faktisch nicht mehr.

Neubeginn

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren Gerd Rosen, Dr. Wolf Meinhard von Staa und Maximilian Müller-Jabusch in Berlin um die Wiederbelebung des Vereins bemüht. Dr. Edwin Redslob, der Reichskunstwart der Weimarer Republik gewesen war und jetzt Mitgründer von »Tagesspiegel« und Freier Universität, war nicht zum Vorsitz zu überreden, dennoch wurde er wichtiges und aktives Mitglied des am 14. April 1954 neugegründeten Vereins – jetzt ohne Bindestrich. Den Vorsitz übernahm Meinhard von Staa. Neben monatlichen Zusammenkünften mit Vorträgen, Ausstellungs- und Sammlungsbesuchen gibt es alle zwei Jahre eine Jahreshauptversammlung.

Von 1960 bis 1977 war Dr. Wieland Schmidt Vorsitzender. Unter seiner Mitwirkung wurde 1967 beschlossen, dass auch Frauen Mitglieder werden können. Die alte Tradition der Jahresgaben wurde – sporadisch – fortgesetzt, daneben gab es zahlreiche Privatdrucke, die den Mitgliedern als Spende überreicht wurden. Seit 1980 ist der Berliner Bibliophilen Abend ein eingetragener Verein mit gemeinnützigen Zielen und Zwecken. Ab 1977 hatte Erich Barthelmes den Vorsitz inne. Er gab diese Funktion 1987 an Dr. Dieter Lemhoefer weiter, der dann 1997 an Rainer Laabs weiter reichte. Ab 2006 übernahm Bernd Illigner, der 2014 den Stab an Dr. Jens Ziegler übergab.

Autor: Till Schröder (unter Verwendung von Vorarbeiten von Ulrich Goerdten und Hartmut Erlemann)

Nach einer, insbesondere zu Zeiten der Pandemie erneut aufkommenden Auflösungsdebatte konnte eine Mitgliederversammlung am 22. Juni 2023, obwohl der bisherige Vorstand nicht mehr zur Wahl antrat (der BBA hatte bei faktischer Inaktivität noch 27 verbliebene Mitglieder, also genau so viele, wie auf der Gründungsversammlung anwesend waren!), die Selbstauflösung verhindern und Abel Doering, seit 1978 aktiv in zahlreichen bibliophilen Vereinigungen, wurde als neuer Vorsitzender gewählt. 

Bereits in den verbleibenden Monaten des Jahres 2023 werden wieder Zusammenkünfte der Berliner Bibliophilen stattfinden, der BBA wird erstmals seit 2015 wieder an der artbook.berlin teilnehmen und es wird, vor allem mit der Regionalgruppe Berlin-Brandenburg der »Pirckheimer-Gesellschaft«, eine stärkere Zusammenarbeit geben.

So bleibt zu wünschen, dass der »Berliner Bibliophilen Abend« am 12. Januar 2025 sein 120jähriges Jubiläum begehen kann.

Ergänzung: Abel Doering

Weiterführende Quellen

  • Herma Stamm und Werner Schuder: Bibliophilia activa. Publikationen, Gaben und Drucke von und für den Berliner Bibliophilen Abend 1905–1994. Berlin: Berliner Bibliophilen Abend, 1995.
  • Heinz Gittig: Freude an Büchern. Protokolle, Dokumente, Berichte des Berliner Bibliophilen Abends 1920-1943. Berlin: Berliner Bibliophilen Abend, 1990.
  • Flodoard von Biedermann: Fünfundzwanzig Jahre Berliner Bibliophilen-Abend. Berlin: Berliner Bibliophilen Abend, 1930.
  • Julius Rodenberg: Deutsche Bibliophilie in drei Jahrzehnten. Verzeichnis der Veröffentlichungen der deutschen bibliophilen Gesellschaften und der ihnen gewidmeten Gaben 1898–1930. Leipzig: Gesellschaft der Freunde der Deutschen Bücherei, 1931.
  • Fritz Homeyer: Deutsche Juden als Bibliophilen und Antiquare. Tübingen: Mohr Siebeck, 1966.
  • Wieland Schmidt: Zur Chronik des Berliner Bibliophilen Abends. In: Imprimatur. Ein Jahrbuch für Bücherfreunde. N.F. 8 (1976), S. 41–59.
  • Lothar Sommer: Berliner bibliophile Vereine in der Zeit von der Jahrhundertwende bis 1945. Bedeutung und Grenzen. Ein Überblick. In: Marginalien 1987, Heft 1, (Nr. 106), S. 1–53.
  • Friedhilde Krause: Der Berliner Bibliophilen Abend. Anmerkungen zu seiner Geschichte. In: Marginalien 1991, Heft 2, (Nr. 122), S. 60–71.
  • Rainer Laabs: »....eine ganz zwanglose Vereinigung« Hundert Jahre Berliner Bibliophilen Abend. Anmerkungen zu seiner Geschichte. In: Marginalien 2005, Heft 1, (Nr. 177), S. 3–12.

Kontakt

Für Fragen richten Sie sich bitte an:
Abel Doering, Vorsitzender

  • Czarnikauer Str. 19, 10439 Berlin
    030 - 445 78 91
    doering@berliner-bibliophilen-abend.de

Stichwortsuche

Copyright © 2018 Berliner Bibliophilen Abend e.V.


Concept & Coding: Martin Bahr | www.piqx.de

 

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.
Weitere Informationen Ok